Passivhäuser Bietigheim-Bissingen
Das erste Passivhaus – 1985?! oder eine Geschichte vom Tellerrand
Houses for a cold climate hieß ein 1980 in Kanada veröffentlichtes Buch, in dem die Erfahrungen mit Energiesparhäusern dargelegt wurden. Ergebnis dieser umfassenden Studie zur optimalen Bauweise für Klimazonen mit winterlichem Frost:
dämmen, dämmen, dämmen, die Hausform kompakt halten, Fenster optimieren!
Schon damals lagen auch Erfahrungsberichte aus Skandinavien vor, die zusätzlich auf die Notwendigkeit hinwiesen, Wärmebrücken zu vermeiden, und mechanisch mit Wärmerückgewinnung zu lüften. Die passive Solareinstrahlung war dagegen weit weniger wichtig.
Bereits 20 Jahre vor der Erfindung des sogenannten Passivhausstandards war also klar, wie man optimal klimagerecht baut. Lediglich die Baudetails und die Technik waren damals nicht ausreichend entwickelt.
So war denn auch 1985 das erste Passivhausensemble von ARCHi NOVA, ausgezeichnet für vorbildliche Gestaltung, in energetischer Hinsicht nur bedingt ein Erfolg: die drei Häuser am Hang in Bietigheim waren reine Holzhäuser mit baubio-logischen Materialien. 24 cm Wärmedämmung in Wand und Dach, aufgebaut in drei Schichten zur Wärmebrückenminimierung, eine Lüftungsanlage mit Wärmetauscher und eine Solaranlage zur Heizungsunterstützung.
Die Dämmung aus Altpapier war völlig neu und aus Dänemark importiert, die neuen Vakuumröhrenkollektoren aus England, die Lüftungstechnik aus Holland. So gab es denn bei diesem Pionierprojekt zahlreiche Probleme.
- Das Bewußtsein, dass bei den Außenbauteilen eine hohe Winddichtigkeit hergestellt werden muss, war noch nicht gegeben. So konnten die angestrebten Energiebedarfswerte nicht erreicht werden;
- Die Lüftungsanlage hatte einen viel zu hohen Stromverbrauch und einen zu geringen Grad an Wärmerückgewinnung;
- Die Solarsteuerung funktionierte nicht, sie pumpte nachts das warme Wasser aus dem Speicher zurück in die Kollektoren, die an den kalten Sternenhimmel abstrahlten.
Was wir hieraus gelernt haben:
- Dämmen, dämmen, dämmen, aber mit dem bauphysikalisch richtigen Aufbau!
- Minimierte Technik verwenden ohne zuviel hydraulische und elektronische Komplexität;
- Immer schauen, was die anderen schon herausgefunden haben – oft sind die Deutschen eben doch nicht die Vorreiter.
- Die Gesellschaft ist viel zu träge in der Umsetzung von Erkenntnissen, die sie eigentlich dringend für die bevorstehende Nach-Erdöl-Zeit benötigt.